Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Digital Breakfast Podcasts! In dieser Episode 215 dreht sich alles um ein Thema, das für nachhaltiges, unternehmerisches Wachstum entscheidend ist: das konstante Grundbedürfnis. Gastgeber Patrick Seibold hat dazu Prof. Dr. Nils Herda eingeladen, einen ausgewiesenen Experten für die Mewes-Strategie.
Gemeinsam taucht ihr tief in die Mewes-Strategie ein und erfahrt, was ein konstantes Grundbedürfnis eigentlich ist – und warum genau dieses Bedürfnis der Schlüssel für langfristigen Unternehmenserfolg sein kann. Am Beispiel des Wandels von Schallplatten über CDs bis hin zu Streaming-Diensten wird klar: Es kommt nicht auf das jeweilige Produkt oder die aktuelle Technologie an, sondern darauf, welches Grundbedürfnis der Kunde dauerhaft hat – zum Beispiel das Bedürfnis, Musik zu hören.
Im Gespräch lernst du, wie Unternehmen mit der EKS-Strategie (Engpasskonzentrierte Strategie) das konstante Grundbedürfnis ihrer Zielgruppe identifizieren und sich dadurch unabhängig von kurzfristigen Trends und Technologiewechseln machen können. Nils Herda gibt dir praxisnahe Einblicke, wie diese Spezialisierung in der realen Wirtschaft funktioniert, warum ein zu breites Portfolio gefährlich sein kann und wie wichtig es ist, als Experte das dauerhafte Kundenproblem zu lösen.
Wenn du wissen willst, wie das konstante Grundbedürfnis deine Spezialisierung trägt und welche Schritte notwendig sind, um den „schwarzen Gürtel“ der Strategielehre zu erreichen, bist du in dieser Folge genau richtig. Viel Spaß beim Zuhören!
TRANSKRIPT
Nils Herda [00:00:00]:
Also diejenigen, die Technologie liefern, müssen sich immer fragen, bin ich noch State of the Art? Mache ich noch den Unterschied? Wohin entwickelt sich die Technologie? Wohin entwickelt sich die Forschung? Was wollen die Kunden?
Patrick Seibold [00:00:12]:
Was wäre, wenn der Schlüssel zu deinem unternehmischen Wachstum nicht in neuen Tools, Trends oder Taktiken liegt, sondern in einem einzigen konstanten Grundbedürfnis. Wenn das Thema für dich spannend ist, dann bleib jetzt dran zu einer neuen Folge zum Thema der Mewes-Strategie. Heute mit dem Thema der unterschätzte Hebel für sicheres Wachstum. Wie das konstante Grundbetürfnis deine Spezialisierung trägt. Zu Gast heute wieder der absolute Mewes-Strategie-Experte Professor Doktor Nils Herda. Nils, schön, dass du da bist.
Nils Herda [00:00:52]:
Ich freue mich auch, Patrick.
Patrick Seibold [00:00:53]:
Ja, heute eine neue Stimme im Podcast. Mein Name ist Patrick Seibold. Ich bin Moderator und wünsche allen Zuhörern noch jetzt viel Spaß bei dieser Episode. Nils, gleich zu Beginn, konstantes Grundbedürfnis. Ein Begriff, von dem ich vermute, den werden der ein oder andere vielleicht nicht direkt kennen. Deswegen eingangs die Frage, was genau versteht man unter einem konstanten Grundbedürfnis? Und vielleicht hast du auch direkt so ein Beispiel, dass wir das einfach besser verstehen können.
Nils Herda [00:01:23]:
Gerne, Patrick. Ich würde erst mal so sagen, bevor ich an die Definition gehe, grundsätzlich ist das konstante Grundbedürfnis im Rahmen der Strategielehre der EKS-Strategie oder MEWES-Strategie, wie wir sie auch nennen, verortet. Es gibt so Prinzipien, so vier grundlegende Prinzipien, die haben wir ja schon mal in diesem Podcast hier erörtert und wir haben ein so genanntes Phasenmodell zur Einführung dieser Strategie im Unternehmen und das ist so ein Sieben-Phasen-Vorgehensmodell. Erinnert mich immer so ein bisschen persönlich so an die Softwareentwicklung, so Phase 1, Phase 2, Phase 3 und so. Das heißt, man kann das ganz systematisch tun. Und Patrick, das konstante Grundbedürfnis, das ist sozusagen die Krone, das ist die Phase 7. Das zu erreichen, ist so wie der schwarze Gürtel bei Karate, könnte man vielleicht sagen, Das ist im Rahmen der Spezialisierung eine sehr, sehr, sehr weitgehende Philosophie, sich unabhängig zu machen von Trends und Nachfrage-Dellen, sondern eine bewusste Zusammenarbeit mit der Zielgruppe, sodass man dauerhaft, ohne dass man scheitert, zu sagen, im Markt bleibt und wie du schon sagst, kontinuierlich wächst. Vielleicht, weil du fragst nach einem Beispiel, machen wir das mal zunächst einmal, weil der Begriff konstant ist, Grundbedürfnis, was ist überhaupt ein Grundbedürfnis, warum konstant und nicht variabel? Und so fangen wir mal ganz an.
Nils Herda [00:02:51]:
In den 1970er Jahren hatten wir in Deutschland eine Schallplattenspieler-Firma, die ist Dual. Die gibt es heute noch als Marke, ist aber nur ein Schatten ihrer selbst im Vergleich zu früher. Die hat früher den Markt beherrscht. Das heißt, wenn Schallplattenspieler, und das muss so was ordentliches sein, dann hatte man früher im Kinderzimmer oder im Wohnzimmer einen Schallplattenspieler von Dual. Das war einfach so. Und diese Firma ist, Patrick, als dann der CD-Player kam, ich hab zwei Jahre das jetzt enorm, ist die quasi gegen die Wand gefahren. Das heißt, der CD-Player wurde ja von Philips und Sony, so niederländisch-japanische Kooperation, entwickelt und dann in den Markt gebracht. Und dann sind natürlich die ganzen Kunden, also die Kinder, die Jugendlichen und auch die Erwachsenen sukzessive umgeschwenkt auf diese Idee, später dann DVD und so weiter.
Nils Herda [00:03:45]:
Also das heißt, wir haben einen technologischen Umbruch gehabt. Dieser technologische Umbruch auf ein neues Produkt hat die Hersteller sozusagen der alten Produkte, der Abspielgeräte, dann vor eine nicht lösbare Aufgabe gestellt und dann sind die insolvent gegangen. So und das zeigt offensichtlich, sie waren vorher, Patrick, perfekt spezialisiert, aber nur vermeintlich perfekt spezialisiert, weil sie waren spezialisiert auf den Schallplattenspieler. So, und jetzt plötzlich kam eine neue Art, Musik zu hören über die CD, und dann waren sie weg vom Fenster. Also muss es da ja noch was geben, was man strategisch anders machen muss, damit einem das nicht genauso passiert. Und wenn ich mir überlege, als ich so Kind und Jugendlicher war, Was habe ich da gehört? Kassette und Schallplatte. Ich hatte auch einen Dualschallplatten-Spieler zu Hause. Und da war ja Musik quasi ein materielles Produkt, eine Kassette oder eine Schallplatte.
Nils Herda [00:04:41]:
Ich hatte ein analoges Tonsignal, dann kam die CD, habe ich natürlich dann auch gehabt. Hatte ich einen CD-Player, dann war es dann plötzlich digital, das Tonsignal. Irgendwann wurde Musik dann immateriell, dann haben wir das auf dem iPod gehört und heute haben wir Streaming. Das heißt, wir haben so quasi Musik als Dienstleistung. Das heißt, wir haben die ganze Zeit, Patrick, ganz unterschiedliche Arten von Tonträgern und Abspielgeräten gehabt. Im Grunde aber, eins hat sich nie geändert. Wir wollten Musik hören. Das heißt, diejenigen, die sich spezialisieren in diesem Musikkontext, müssen sich immer die Frage stellen, bei technologischen Veränderungen bin ich dann noch im Spiel.
Nils Herda [00:05:25]:
Weil im Grunde will ich als Wunde nur eins, will meine Lieblingsmusik hören. Wann immer ich will, wo ich immer, ich will einer tollen Qualität und auch finanziell irgendwie erträglich. In dem Moment, wo ich das aber missachte, kann es sein, dass die technologische Disruption mich einfach aus dem Markt haut. Und genau das, Patrick, das ist dieses konstante Grundbedürfnis. Also dieses, ich als Kunde, ich will Musik hören. Und am besten natürlich mit der geilsten Technologie, die es gerade gibt. Und alles andere ist dann History. Und genau da müssen wir hinkommen.
Nils Herda [00:05:57]:
Das ist im Prinzip so, als einführendes Beispiel, der Kick an der ganzen Sache.
Patrick Seibold [00:06:01]:
Super spannend. Wir hatten ja im letzten Teil gesprochen über die verschiedenen Spezialisierungsarten. Könntest du vielleicht erklären, wie da die Verbindung ist zwischen den Spezialisierungsarten? Wir hatten ja Produkt, Problem und Zielgruppe. Und wie sich das mit dem konstanten Bedürfnis zusammenhängt oder im Zusammenspiel verhält.
Nils Herda [00:06:21]:
Also für diejenigen, die den letzten Podcast noch nicht gehört haben, mache ich mal vielleicht eine kurze Zusammenfassung. Also wir haben in den letzten Podcast gehört, dass im Prinzip so die Spezialisierung Trumpf ist in der Strategie beim profitablen, intelligenten Wachstum und der Fokus auf so eine Zielgruppe, wie wir sie nennen oder Kundengruppe, dabei entscheidend ist. Und dass die Spezialisierung gibt es in drei Varianten, also einmal als eine Produktspezialisierung auf ein Produkt oder eine Methode oder so, oder eine Problemspezialisierung einer Zielgruppe, irgendwie so ein Engpass, und dann die Zielgruppenspezialisierung auf bestimmte Kunden. Wie drei hatten wir ja, Patrick, du hast sie eben auch genannt. Und jetzt ist es ja so, die sind lieber das letzte Mal rausgearbeitet, haben alle dafür geeignet, sich zu spezialisieren, haben aber ein unterschiedliches Risikoprofil. Also wenn ich ein cooles Produkt habe, nehmen wir mal an, Patrick, wir beide würden jetzt eine Firma gründen und hätten die coolste Sonnenbrille, die es gerade gibt und die wird uns aus der Hand gerissen. Dann suchen wir uns einen Produzenten, lassen die produzieren, millionenfach verkaufen die und das geht ab. Das geht so lange ab, bis irgendwann der Trend vorbei ist und andere Hersteller das übernehmen.
Nils Herda [00:07:32]:
Dann sind wir im Zweifel, ich überziehe jetzt, weg vom Fenster. So und das wiederum heißt, der Risikograd ist hoch, aber die Möglichkeit des Wachstums ist auch hoch. Wenn ich mich dagegen auf Variante 3, mal spezialisiere auf eine Zielgruppe, dann wachse ich etwas langsamer. Aber ich bin quasi untrennbar verbunden mit der Zielgruppe, habe ein großes Vertrauen in der Zielgruppe und bleibe dabei. Und da sind so Spezialisten drin, wie Winterhalter, die machen im Prinzip so Spülmaschinen für die gewerbliche Küche. Die haben als Zielgruppe Hotellerie, Gastronomie, Bäcker, Metzger, weil da überall brauchen die im Prinzip saubere Teller und saubere Gläser. Und die sind natürlich letztendlich mit ihrer Zielgruppe sehr stark verbunden. Und solange die Zielgruppe nicht wie verrückt wächst, bleiben die, ich sag mal so, erstmal in einem normalen Wachstumstempo, können aber natürlich internationalisieren.
Nils Herda [00:08:27]:
Das heißt, die Spezialisierung ist immer gefährdet. Die ist gefährdet, zum Beispiel von Gesetzesänderungen. Es gibt ja so Beispiele wie, es wurde irgendwann mal die Glühlampe verboten oder es wurden eine Zeit lang Dosen verboten. Dann können Grenzwerte verschärft werden Oder es gibt neue Produkte. Innovationen können so eine Spezialisierung unter Druck setzen. Also zum Beispiel Cloud-Stab-Datenträger oder Disruption, denken wir, in der E-Mobilität mit Flixbus, Tesla und Co. Das sind ja tatsächlich dann Beispiele dafür, wie Veränderungen auf die Hersteller wirken. Oder ich habe eine Abhängigkeit von einem Auftraggeber, einem großen Auftraggeber, das ist auch ein Risiko.
Nils Herda [00:09:11]:
Oder Krisen, Wirtschaftskrisen, Pandemie. Das heißt, es wirkt auf mein Geschäftsmodell immer eine Menge ein. Und jetzt muss ich versuchen, genau wie wir es vorhin mit dem Musikhören hatten, herauszuarbeiten, was wollte meine Zielgruppe eigentlich dauerhaft, diese Spezialisierungsrisiken nahezu zu eliminieren. Und das kann man, Patrick, wenn man in zwei Richtungen denkt. Wenn man einmal versteht, welches Problem möchte man eigentlich bei den Kunden dauerhaft lösen und zweitens, wenn man eine beste Zielgruppe hat. Das nennt man dann eine soziale Spezialisierung. Und so kommt man dann relativ gut zu diesem konstanten Grundbedürfnis, auf das man sich dann konzentriert. Und weil dann passiert es nicht, dass man zum Beispiel jetzt so wie Dual damals bei der einen Technologie hängen bleibt.
Nils Herda [00:09:56]:
Weil man muss sich die Frage stellen und das muss man sich dauerhaft stellen. Was verändert die gerade? Was wollen die Leute haben? Welche Technologien bieten sie an? Man muss sich eigentlich selber permanent in Frage stellen.
Patrick Seibold [00:10:07]:
Sehr, sehr spannend. Nils, du arbeitest ja auch viel in der Praxis, arbeitest mit Unternehmen zusammen. Wenn sich jetzt der ein oder andere Zuhörer fragt, okay, konstantes Grundbedürfnis klingt super, Ich habe auch vielleicht auch schon Ideen. Was würdest du sagen, gerade dieser konstante Part, was sind so für dich so Merkmale, wo du sagst, da ist ja jemand auf dem richtigen Weg oder ist da jemand, der sagt, es ist ein sehr wackeliges, sehr variables Grundbedürfnis. Gibt es da für dich so ein paar Indikatoren, Merkmale, wo du sagst, ja, das ist ein konstantes Grundbedürfnis?
Nils Herda [00:10:37]:
Also wir müssen vielleicht, Patrick, bevor ich die Frage beantworte, nochmal darauf eingehen, was wäre eigentlich das Gegenteil? Das Gegenteil wäre eine variable Spezialisierung. Ich habe es ja eben schon mal so ein bisschen erwähnt. Also wenn ich mich zum Beispiel, denken wir mal an den Uhrenmarkt, in den 70er Jahren auf mechanische Uhren, sagen wir mal im hohen Preissegment, Luxusbereich spezialisiert hätte, hätte es mich wahrscheinlich erwischt durch die Einführung der Quarztechnologie. Ende der 90er drehte sich das Rad wieder Da kamen wieder die mechanischen Uhren, aber nur in bestimmten Segmenten. Heute haben wir mit Smartwatches wieder eine andere Technologie. Das heißt, das wäre, Patrick, eine variable Spezialisierung. Ich bin zwar Spezialist, aber die Art und Weise, mit der ich arbeite, indem ich mich auf eine Technik spezialisiere, das ist nicht gelagt, dass die für ewig geht. Oder ein Produkt, nehmen wir mal so Druckmaschinen.
Nils Herda [00:11:27]:
Wir haben ja in Deutschland zum Beispiel Heidelberger Druckmaschinen, ein weltbekanntes Unternehmen. Und jetzt ist natürlich die Frage, wie verändert sich eigentlich der Markt, wenn wir immer eine stärkere Digitalisierung im Prinzip in der Gesellschaft erleben. Lesen wir dann noch so viel sozusagen auf Papier? Braucht man dann noch Druckmaschinen? Das heißt, auch da kann sich natürlich ein Markt verändern. Das heißt, diese Variablen-Spezialisierungen sind insofern schwierig, weil sie durch sich durch Innovationen oder gesellschaftliche Veränderungen, kann ja auch ethische Fragestellungen sein, weil diese Variablen spezifisch dann letztendlich überflüssig werden können. Ich hatte das letzte Mal so ein Beispiel gebracht, was mich wirklich sehr begeistert hatte, von der Denke, weil du ja auch immer nach der Denke fragst, wie so ein Unternehmer eigentlich handeln muss. Bei uns in Waibling, die Metzgerei Kübler, hat jetzt sozusagen einen Transfer gemacht auf Halal-Produkte, das heißt auf die muslimische Zielgruppe hin. Das heißt, sich zu fragen, wie ändert sich der Markt, wie ändern sich die Zielgruppen, Das ist da ganz wichtig. Und jetzt komme ich zum konstanten Grundbedürfnis.
Nils Herda [00:12:33]:
Diese konstante Spezialisierung heißt, ich muss mich auf ein dauerhaftes Problem spezialisieren. Also dauerhaft wäre zum Beispiel, es war ganz simpel, sowas wie Ernährung, das brauchen wir immer, Kleidung, Information, Kommunikation, Mobilität. Ob es immer das Auto sein muss oder irgendwo ein Elektro-Roller, es steht ja wieder auf einem ganz anderen Blatt. Aber es muss etwas sein, Patrick, bei dem man absehen kann, dass es dauerhaft benötigt wird. Also nehmen wir mal so etwas wie Fast Food. Da kann man davon ausgehen, dass solange Menschen irgendwie mobil und unterwegs sind, das Bedürfnis, ob es ein Bahnhof oder eine Autobahnraststätte ist, sich schnell was zum Essen zu holen, dass das immer gegeben sein wird. Ob es jetzt immer der Burger sein muss mit Rinderhack und Pommes, Das ist wieder was anderes, aber im Grunde muss es etwas sein, was die Leute dauerhaft letztendlich wollen. Wenn man
Patrick Seibold [00:13:22]:
so ein bisschen den Bereich der Identifikation, auch der Analyse ist, du hattest ja auch schon angerissen, Nils, wie sieht grundsätzlich so ein Vorgehen bei dir aus, wenn du mit Unternehmen zusammenarbeitest, du arbeitest ja auch mit Startups zusammen, ihnen zu helfen, ein konstantes Grundbedürfnis zu identifizieren? Wie sieht das so ein bisschen für dich, das Vorgehen aus, vielleicht auch dem Zuhörer deine Vorstellung zu geben, wie du das machst?
Nils Herda [00:13:46]:
Ich habe ja vorhin gesagt, Patrick, es ist sozusagen die Krone, der schwarze Würfel der LKS-Strategie. Das heißt, wenn ich ein Startup berate oder wenn ich mit Unternehmen zusammenarbeite, arbeite ich tatsächlich immer nach dieser Methodik. Die ist für mich die beste. Ich kenne nichts Vergleichbares und sie führt eigentlich immer, wenn man es konsequent umsetzt, auch zum Erfolg. Das ist kein Gerede, das ist tatsächlich so. Ich würde mal so sagen, für ein Start-up ist es natürlich erstmal wichtig, überhaupt in den Markt zu kommen. Das ist die größte Hürde. Die zweite Hürde ist dabei, in den engen Kontakt mit Kunden zu geraten.
Nils Herda [00:14:21]:
Es fehlt Berufserfahrung. Man hat auch manchmal ein bisschen Scheu. Man hat auch nicht die Erfahrung. Man hat ein tolles Produkt oder glaubt das und muss das jetzt sozusagen mit den Kunden dann erproben und weiter wachsen lassen. Das heißt, ich mache immer die EKS-Strategie, wenden wir an, weil wenn ich die nicht wache, Patrick, macht es keinen Sinn. Das heißt, diese ganze Grundlage der Spezialisierung unter Kooperation, Innovation, genau diese ganze Logik, Die muss sozusagen vorher gegeben sein. Dann gehen wir folgendermaßen vor. Dann kennen wir ja unsere Zielgruppe und dann erarbeiten wir uns ein konstantes Grundbedürfnis.
Nils Herda [00:14:55]:
Das heißt, ich frage mich erst mal gemeinsam mit den Kunden oder den Startups, was ist eigentlich unser spezielles Angebot? Was ist daran auch so speziell? Und dann die zweite Frage, was ist so unsere Kompetenz dabei? Was ist so, wo machen wir den Unterschied? Was können wir besser als andere? Wo ist unsere Innovation? Drittens, welches ist die Zielgruppe? Und wenn man drei hat, dann kombiniert man und sagt, für diese Zielgruppe biete ich folgendes Angebot an und unterstütze dabei dauerhaft folgenden Endpass dieser Kunden. Also wenn wir zum Beispiel mal an diese Fitnesskette Kieser Training gehen, die ist so in EKS-Kreisen legendär, weil der quasi aus einem einzigen Studio in Zürich mit der EKS-Strategie so ein Riesensystem aufgebaut hat, dessen konstantes Grundbedürfnis war von jeher Gesundheit, Beweglichkeit und Schmerzfreiheit bis ins hohe Alter. Oder die kurz vorn immer Gesunde Rücken. Das sind so die Dinge, wo man dann sagen kann, ja, das wird sich niemals ändern. Und so, wie gesagt, über dieses Angebot, über das Fachgebiet und die Zielgruppe arbeiten wir das dann immer raus und challengen das auch. Ist das wirklich etwas, was sich ändert? Weil wenn jetzt jemand sagt, ich habe jetzt einen super Schallplattenspieler erfunden, dann wäre das zwar wahnsinnig retro, aber die Frage ist, außer dass ich jetzt eine Nische damit bediene, wird das mich wirklich dauerhaft nähren Oder ist das vielleicht im Sinne des konstanten Grundbedürfnisses dann vielleicht nicht so eine gute Idee?
Patrick Seibold [00:16:20]:
Eine Frage direkt so bei mir im Kopf entsteht, ist so ein bisschen die Frage nach der Flughöhe von einem konstanten Grundbedürfnis. Man kann es ja vielleicht sehr speziell oder sehr spezifisch beschreiben, wie jetzt bei Kiesertraining. Das war nicht schon sehr fokussiert, würde ich es jetzt mal nennen. Es gibt natürlich auch immer den Hang, das so auf dieser Metaebene auch zu formulieren. Man sagt, unser Grundbedürfnis ist Orientierung oder Sicherheit in die Richtung. Gibt es da für dich aus der Praxis so eine Flughöhe oder Abstraktionsebene, wo du sagst, das ist weder zu hoch in den Wolken noch zu tief gefasst?
Nils Herda [00:16:53]:
Ich würde es mal so sagen, Patrick. Ich bin zwar Professor, habe aber eine Abneigung gegen so theoretisches Gelaber. Sondern es muss auf dem Punkt sein, sonst sind wir alle zufrieden, aber es bringt nichts. Also machen wir mal ein Beispiel. Ich bringe auch immer gerne, wenn ich so Berate oder Strategieakademien durchführe, ganz viele Beispiele. Dann versteht man das ja viel besser, geht mir doch ganz genauso. Also nehmen wir mal an, Patrick, du wärst jetzt ein Hersteller von Zahndürsten. So, dann ist die Frage, bist du ein Hersteller von Zahndürsten oder wie würdest du das sehen im Kontext des konstanten Grundbedürfnisses? Wenn man da vielleicht sagen würde, nee, du bist Spezialist für Mundhygiene, dann wärst du auch für den Fall gewappnet, dass die Zahnbürste vielleicht mal überflüssig wird.
Nils Herda [00:17:37]:
Vielleicht gibt es ja dann irgendwann so einen Schaum, den wir einfach in den Mund nehmen, dreimal 30 Sekunden sozusagen durch den Mund ziehen und das war es dann. Und genau so effektiv wie eine Zahnbürste. Und das zeigt also, man muss so ein bisschen von der Problemlösung, Patrick, abstrahieren. Momentan ist es halt die Zahnbürste. Wissen wir das, ob das in 20, 30, 40 Jahren immer noch der Fall ist? Also ich weiß das nicht, weil es ja auch Alternativen gibt. Oder denken wir jetzt mal an Hamburger. Ich habe immer Fastfood gesagt. Nehmen wir mal an, du wärst ein Lizenznehmer von McDonalds.
Nils Herda [00:18:08]:
Ist dann dein Profil Verkauf von Hamburger? Nee, wahrscheinlich nicht. Das ist eher so etwas, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen ungelenk, aber schnelle Versorgung mit Nahrungsmitteln zum Sofortverzehr. Weil das ist es doch, Nahrungsmittel zum Sofortverzehr. Ob das jetzt ein Döner ist oder irgendwas Veganes, Vegetarisches, ist doch zweitrangig. Der Sofortverzehr ist der Kick. Und daran siehst du schon, ich versuche immer sozusagen in klarer, einfacher Sprache. Kurzregler, nehmen wir mal an, jetzt Dual. Was hätte Dual in den 70er Jahren anders machen müssen? Die waren ja Hersteller von Plattenspielern.
Nils Herda [00:18:42]:
Die waren eigentlich Lieferanten für Hörgenuss. Das heißt, die waren ja anspruchsvoll. Das heißt, hätten die sich als Lieferant für Hörgenuss sozusagen aufgestellt, dann hätten wahrscheinlich viele interne Mitarbeiter und Führungskräfte gesagt, Freunde, wir sind gerade auf dem Holzweg, da ist gerade was, da gibt es neue Entwicklungen, da müssen wir hin. Das heißt, und das ist nochmal, was ich sage, ist nicht einfach, kurz und sperzlos das zu formulieren, Das ist echt schwierig. Aber da muss man dann halt mal durch und gemeinsam überlegen, in so einem Team, in einer Gruppe, wie kann man es eigentlich auf den Punkt bringen, so dass es jeder versteht und nicht mit diesem allgemeinen Floskeln, so Orientierung, Kommunikation und so, so nicht.
Patrick Seibold [00:19:20]:
Du hast gerade ein wichtiges Stichwort genannt, das ist das Thema Wandel. Und du kommst aus der IT, du bist Professor für Wirtschaftsinformatik. Gibt es für dich gerade oder Beobachtest du das am Markt, wie die Digitalisierung die konstanten Grundbedürfnisse verändert? Oder gibt es da konstante Grundbedürfnisse, die jetzt mehr an Bedeutung gewinnen? Lässt sich da was sozusagen von deiner Seite aus beobachten oder hast du einen Blick drauf?
Nils Herda [00:19:49]:
Also wenn die Digitalisierung das konstante Grundbedürfnis verändern würde, dann wäre es ja kein konstantes Grundbedürfnis. Also das konstante Grundbedürfnis, danke für die Fun-Frage, ist natürlich konstant. Sondern es ist eher so, dass die Produkte dafür andere sind. Also jetzt nehmen wir mal an, du wirst jetzt der IT-Leiter in einem mittelständischen Unternehmen, hast vielleicht 30 Leute, dann hättest du vor zehn Jahren noch ein kleines Rechenzentrum gehabt, vielleicht sogar noch mit dem Dienstleister im Backup-Rechenzentrum und da hättest du dann Gerätschaften gehabt, du hättest Server und so. Du hättest alles selber aufgebaut. So heute in der, ich sag mal, Digitalisierung kaufst du das vielleicht inzwischen viel verstärkter als cloudbasiertes As-a-Service-Modell ein. Das heißt, du kaufst eine neue software nur noch als lizenz du installierst sie nicht mehr du hast keine server mehr kümmerst sie nicht drum das heißt das holen wir dann irgendwann als nutzer im unternehmen über das netz das heißt die leistungserbringung hat sich geändert vor 50 jahren da hast du deine schaltplatte aufgelegt oder dann als illegale Raubkopie auf Kassette übertragen. Das war früher normal und heute machen wir halt Streaming von Spotify, Apple Podcast und so weiter.
Nils Herda [00:21:03]:
Da hat sich sozusagen die Digitalisierung, hat wie wir vorhin gesehen haben, den Tonträger verändert und hat das Signal verändert. Aber in der Digitalisierung wird das konstante Grundbedürfnis einfach nur viel intelligenter unterstützt mit einer höheren Qualität oder vielleicht einer stärkeren Mobilität. Also das konstante Grundbedürfnis ändert sich in der Logik nicht. Es bilden sich neue Dienstleistungen heraus. Ich würde mal so sagen, man könnte vielleicht aus der EKS-Denke sagen, das technologische Produkt wird zur Dienstleistung, das sich ganz einfach übers Netz abgreifen kann. Das ist eigentlich der Witz dabei.
Patrick Seibold [00:21:39]:
Mhm, okay. Vielleicht noch abschließend die Frage, wir hatten ja das Thema, oder das Thema dieses Podcasts ist es ja, wie das konstante Grundbedürfnis dann eine Spezialisierung trägt. Weil Spezialisierung hat ja auch mal so ein bisschen, oder manche sagen dann, oh, das ist sehr, sehr riskant. Könntest du vielleicht noch mal kurz erklären, wie das konstante Grundbedürfnis sozusagen die Spezialisierung absichern kann?
Nils Herda [00:22:01]:
Also fangen wir erst mal so an, das konstante Grundbedürfnis muss ich aus Sicht der Zielgruppe denken, aufgrund meiner Kunden, nicht aus meiner eigenen. Das heißt, ich habe, man nennt das soziale Grundaufgabe, das sind etwas ungewöhnliche Begriffe, aber gewöhnen wir uns mal dran und sagen, ich habe die soziale Grundaufgabe. Meine Kunden haben ein konstantes Grundbedürfnis und idealerweise kommen die jetzt zusammen. Die Spezialisierung ist im Vergleich zu einem breiten, heterogenen Portfolio niemals riskant, sondern es ist eher riskant, ein breites Portfolio zu haben und überall nur Durchschnitt zu sein, weil ich damit nämlich mein Profil verliere. Das heißt, derjenige, der richtig spezialisiert ist, hat überhaupt keinen strategischen Nachteil, er hat einen ganz klaren Vorteil. Diejenigen, Patrick, die jetzt sozusagen alle sieben Phasen durchgearbeitet haben, den schwarzen Gürtel haben, also das konstante Grundbedürfnis sozusagen, die wissen genau, was ihre Kunden grundsätzlich wollen und sind permanent sozusagen wie so ein Seismograph oder so ein Kompass dabei abzugleichen, ob tatsächlich ihr aktuelles Produkt, die aktuelle Dienstleistung überhaupt dem noch entspricht. Weil das ist ganz wichtig. Wir müssen sagen, das konstante Grundbedürfnis, das schärft den Verstand.
Nils Herda [00:23:24]:
Und zwar diese Philosophie. Man spricht auch heute gerne von Purpose. Das ist aber, wenn ich das sagen darf, genau wie Vision und Mission, wenn du es nicht gut machst, eine elende Laberei, sondern es ist für Mitarbeiter total befriedigend, wenn man so ein Purpose über ein konstantes Grundbedürfnis beschreibt. Aber wenn du das tust, dann musst du die Notwendigkeit einer permanenten Innovation, du musst dich permanent sozusagen an die Veränderung anpassen, aber du weißt, wofür du es tust und wo du hin musst, weil du nämlich die Zielgruppe hast. Also diejenigen, die Technologie liefern, müssen sich immer fragen, bin ich noch state of the art, mache ich noch den Unterschied, wohin entwickelt sich die Technologie, wohin entwickelt sich die Forschung, was wollen die Kunden. Also wenn ich jetzt zum Beispiel sehe, die dramatischen Umbrüche, die wir gerade in den USA erleben, oder nennen wir es mal die nachhaltige Irritation, führt dazu, dass der deutsche Mittelstand doch wieder darüber nachdenkt, Cloud-Systeme made in Germany sozusagen einzukaufen oder selber aufzubauen. Wenn ich jetzt Cloud-Anbieter bin oder ein Dienstleister, der damit hilft, da muss ich sowas immer wissen. Damit muss ich es ganz weit fordern.
Nils Herda [00:24:29]:
Ich muss also, Patrick, permanent Marktforschung in meinem Markt machen, damit ich immer dabei bleibe. Aber das gilt eigentlich immer. Bloß, wenn ich ein breites Portfolio habe, dann sehe ich die Notwendigkeit gar nicht, weil alles irgendwie wichtig ist. Und dann bin ich halt irgendwie durchschnittlich überall. Der Spezialist ist nicht durchschnittlich. Aber er muss sich natürlich immer anstrengen, immer vorne zu bleiben. Und da ist das konstante Grundbedürfnis dabei, weil man sich im Unternehmen auch mal die Frage stellen kann, erreichen wir das eigentlich noch? Sind wir da noch die Besten oder sind wir das eigentlich nicht?
Patrick Seibold [00:25:01]:
Genau, vielleicht an der Stelle also erstmal vielen, vielen Dank Nils. Superschönes Schlusswort für alle die, die jetzt Interesse haben, den schwarzen Gürtel noch ein bisschen näher zu verstehen. Wir machen ja auch noch einen gemeinsamen Livestream am 21.06. Zu dem Thema. Da können dann auch alle interessierten Zuhörer und Zuhörerinnen mehr erfahren zum Thema konstantes Grundbedürfnis und vor allem auch natürlich ihre Fragen einblenden. Vielen vielen Dank Nils für diese tollen spannenden Einblicke ins Konstanz-Sandec-Grundbedürfnis und wir sehen uns in der nächsten Episode. Dankeschön.